2. Numerische Lösungsverfahren für Randwertprobleme#
In diesem Kapitel der Vorlesung wollen wir uns mit der Lösung von Randwertproblemen für lineare gewöhnliche Differentialgleichungen zweiter Ordnung beschäftigen. Insbesondere beschäftigen wir uns mit Lösungen \(u \in C^2([0,1])\) für Differentialgleichungen der Gestalt
für \(x\in (0,1)\) mit den zusätzlichen Randbedingungen
Im Fall \(\alpha_i = 0\) und \(\beta_i = 1\) für \(i=0,1\) spricht man von Dirichlet-Randbedingungen für die gilt:
Im Fall \(\alpha_i=1\) und \(\beta_i=0\) für \(i=0,1\) hingegen sprechen wir von Neumann-Randbedingungen für die gilt:
In allen anderen Fällen erhalten wir gemischte Randwertbedingungen, die auch Robin-Randbedingungen genannt werden.
Solche linearen Randwertprobleme treten beispielsweise auf, wenn man die Auslenkung eines an zwei Seiten festgebundenen Seils beschreiben will. Hierbei wird klar, dass die Auslenkung des Seils am linken und rechten Rand verschwindet muss, d.h. wir haben Dirichlet-Randbedingungen vorliegen mit \(u(0) = u(1) = 0\). Ein ähnliches Problem untersucht man bei der Berechnung der Temperaturverteilung eines Metallstabs, der an beiden Enden erhitzt wird.
Nehmen wir an \(P(x)\) sei eine Stammfunktion der Funktion \(p(x)\), so dass \(P'(x) = p(x)\) gilt. Dann können wir beide Seiten der Gleichung (2.1) mit dem Term \(a(x) \coloneqq e^{P(x)}\) multiplizieren und erhalten somit:
Wenn wir nun die Produktregel für Differentiation anwenden sehen wir, dass gilt
Zusammen mit den Hilfsfunktionen \(c(x) \coloneqq e^{P(x)} \cdot q(x)\) und \(f(x) \coloneqq e^{P(x)} \cdot g(x)\) können wir das Problem (2.1) schließlich in eine sogenannte Divergenzform bringen mit:
Die Divergenzform (2.3) der ursprünglichen Differentialgleichung hat einige Vorteile für die Analyse der Eigenschaften der Differentialgleichung und ebenfalls bei ihrer numerischen Lösung, so dass wir diese im Folgenden weiter verwenden werden.